Ein Tag im Maerz by Jessica Thompson

Ein Tag im Maerz by Jessica Thompson

Autor:Jessica Thompson [Thompson, Jessica]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3404169255
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2013-11-21T23:00:00+00:00


21

Weiße Höschen mit Grauschleier.

Montag, 25. Mai 2009

Hackney, Nordost-London

18 Uhr

»Ich finde, du begehst einen gewaltigen Fehler.«

Richards Stimme knisterte in der Leitung. Rachel drückte sich das Handy fester ans Ohr, während sie auf der roten Bank an der Bushaltestelle zur Seite rückte und einer älteren Frau Platz machte. Der Tag war mild. Die Sonne war nicht herausgekommen, aber der warme Regen der vergangenen Woche hatte aufgehört, und es gab ein kurzes Zwischenspiel mit trockenem Wetter.

Rachel blickte auf ihre schwarzen kniehohen Reitstiefel, die bequemerweise wieder in Mode gekommen waren, und kämpfte gegen die Tränen der Nervosität an, die ihr in den Augen brannten. Tränen der Angst. Zugleich spürte sie auch Wut. Richards Unfähigkeit, jemals richtig für sie da zu sein, frustrierte sie immer, und heute brauchte sie ihn wirklich. Dass er ihre Bitte in aller Seelenruhe abgewiesen hatte, trieb sie zur Raserei.

Sie merkte, dass sie kurz vor dem Explodieren war. »Pass auf!«, flüsterte sie wütend; sie wollte nicht belauscht werden. »Ich bin jetzt verdammt noch mal da. Ich habe eine Menge getan, um hierherzukommen, Rich, also könntest du mir vielleicht ein bisschen den Rücken stärken? Wo zum Teufel bist du heute eigentlich? Hättest du dir nicht ein bisschen kostbare Zeit nehmen und mich begleiten können? Nein, natürlich nicht, weil du ein selbstsüchtiger Wichser bist.«

Rachel bemerkte plötzlich, dass sie die Aufmerksamkeit der älteren Dame neben ihr erregt hatte, die leise Ts-ts machte und missbilligend ihre Dauerwelle schüttelte. Rachel krümmte sich leicht zusammen wegen ihrer Ausdrucksweise und lächelte die Dame entschuldigend an.

Ein Sattelschlepper röhrte an ihnen vorbei, dicht gefolgt von einem kleinen Motorrad, dessen Motor wie ein defekter Föhn klang. »Warte, ich … Ich kann dich nicht hören«, sagte Rachel, hielt sich das andere Ohr zu und runzelte die Stirn. »Sag das noch mal.« Sie stand rasch auf und tigerte hinter dem Wartehäuschen auf dem Pflaster mit wütender Energie auf und ab.

»Ich kann da nicht mitmachen, Rachel«, hörte sie Richards Stimme wieder deutlich. »Gut, du hast deine leibliche Mutter ausfindig gemacht, das ist schön. Aber du hast deiner Mum noch nichts gesagt. Wenn sie davon erfährt, trifft sie der Schlag«, sagte er aus der Behaglichkeit seines Stammpubs in der Stadtmitte.

»Aber … aber sie ist nicht meine Mum, und sie hat es mir alles verschwiegen? Was ist denn damit, wie ich mich fühlte, als ich es herausgefunden habe?«, rief Rachel und schlug mit der freien Hand in grenzenloser Frustration durch die Luft. Die Schöße ihrer schwarzen Jacke flatterten im Wind. Ihr Haar, das wieder blond gefärbt worden war, trug sie in einem straffen Pferdeschwanz; sie war nicht geschminkt. Ihre Augen waren verquollen, weil sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte.

»Na, das ist aber eine schreckliche Einstellung, Rachey. Komm schon.« Richard trank gerade einen Schluck Bier. Rachel hörte deutlich, wie das Glas gegen seine Zähne schlug, während er schluckte.

»Okay, okay, ich weiß, das klingt übel. Aber ich will eben nicht, dass Mum … Rita, meine ich … Gott, ich meine Mum … ich will nicht, dass sie davon erfährt, weil ich sie schützen will – kapierst du



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